Tee trinken

Ihr ahnt es bereits, oder?

Ich hatte mich mal mit einer guten Freundin gestritten und ich muss ehrlich sagen, ich weiß nicht mehr, worum es ging. Die meisten Streits sind um nichts. Du ärgerst dich am Ende über dich selbst, weil du irgendetwas gesagt hast, was vielleicht verletzend war. Willst es dann gerade biegen und es geht nicht ohne.

Der Begriff Teezeremonie ist viel zu groß und zu sperrig. Auf japanisch heißt sie chadō. Teeweg. Oder noch einfacher: cha-no-yu. Heißes Wasser für Tee. So hat es jedenfalls der Gastgeber erzählt.

Es hat womöglich wenig Sinn, eine Teezeremonie in Hamburg zu besuchen. Man könnte sie sich ebenfalls im Fernsehen anschauen und dasselbe erleben. Dachte ich. Am Anfang. Dann sind wir doch hingegangen, gingen den kleinen Gartenpfad entlang und setzten uns im Teehaus.

Nach einem Streit erinnert man sich nicht mehr an den Inhalt des Streites. Man erinnert sich auch nicht an den Auslöser. Was bleibt ist der schlechte Geschmack, das Gefühl, etwas ungutes getan zu haben.

Beim chadō ist alles aufeinander eingespielt. Die Farbe der Blumen, das Bild an der Wand, es entspricht der Jahreszeit draußen. Und auch wenn es uns nicht gelungen ist, die schlechten Geister im Garten abzustreifen so würden wir von den langsamen Bewegungen bei der Teezubereitung eingenommen.

Was hat es an sich? Mit den konzentrierten, langsamen Bewegungen? Sie beruhigen. Versucht mal langsamer zu atmen. Oder langsamer, bewusster zu gehen. Oder euch langsamer zu bewegen. Ihr werdet feststellen, wie ihr ruhiger werdet. Dann entspannter.

Ich kann mich noch daran erinnern, wie draußen Kinder laut waren, ein Hubschrauber kreiste und lauter Verkehr bis ins Innere drang. Wir waren in einer Blase. Und tranken Tee. Aber nicht gleich. Zunächst erhielten wir süßen Gebäck. Danach warteten wir alle geduldig auf den Tee. Und nichts drang hinein. Geräusche, Alltag, der Streit, alles blieb draussen.

Der Teeweg ist über nichts. Es ist einfach die Vorbereitung des Tees. Wie der Abwasch uns etwas über den Abwasch sagt. Nichts mehr. Und nichts weniger. Und der Streit? Der war dann vergessen. Nicht durch den Tee. Durch den Weg, den wir gagangen sind.

Wie schmeckte der Tee? Ideal.

Teezeremonien werden in Hamburg in Planten un Blomen veranstaltet. Ich glaube mich zu erinnern, welche im Museum für Völkerkunde gesehen zu haben. Bin mir aber nicht sicher.

Ich bin wer ich bin.

Wer bin ich?

Das ist die erste Frage. Und gleichzeitig die Antwort, ohne Zweifel, ohne auch nur darüber nachzudenken. Ich bin Ich. Ich weiß, wer ich bin, denn ich bin ich. Immer gewesen. Das jedenfalls behauptet Major Mira von sich. Sie denkt, sie wisse, wer sie ist, auch wenn sie es nicht mehr ist. Also ich. Sie ist etwas weniger, ein Haufen Gehirnzellen, die, irgendwo in den Tiefen ihres synthetischen Gehirns mit ihrem künstlichen Körper verbunden sind. Sie machen ihre Erinnerungen aus, sie sind es auch die sie als die definieren, die sie ist. Mira. Mehr braucht es doch nicht um sich als Mensch zu fühlen. Oder? Es reicht vollkommen aus zu wissen, dass ich Zitronensorbet nicht mag und Erdbeeren immer ohne Sahne esse. Das bin ich. Das ist Major Mira.

Doch was bedeutet es?

Nichts. Es hat nichts zu bedeuten. Das Problem, das ich habe ist dies: Major Mira, also der menschliche Teil von ihr in der aktuellen Verfilmung des Animes “Ghost In The Shell” ist auch mit ihren einigen wenigen menschlichen Zellen nicht sehr originell. Es ist nicht so sehr ihre Schuld. Es liegt viel mehr an der recht langweiligen Verfilmung. Das ich bedeutet nichts. es ist vollkommen austauschbar. Gegen andere Erinnerungen, gegen andere Gefühle, gegen andere Erlebnisse. Die ähnlich sind wie die Major Mira. Liebschaften, vielleicht verletzte Ehre, einfache aber öde Gefühle, die einen Menschen, eine Person eher nachahmen sollen, denn sie zu zeichnen.

Und wozu das ich?

Und wozu? Und es geht auch nicht um die verunglückte Zeichnung der Persönlichkeit unserer Major Mira, die bereits zu diesem Zeitpunkt von einem Virus befallen ist, der in ihr Gehirn, der ihr “Ich” befallen hat. Hier geht es mir um eine andere Frage. Um die Frage danach, ob wir generell so etwas wie das Ich benötigen um in der Welt zu existieren.

Zu einem wäre da Derrida, der festgestellt hat, dass das ich eher einer Tür gleichen sollte, durch die die Welt, die Erlebnisse durchgehen (ich bin mir nicht wirklich scher, wo er das gesagt hat, ich habe die dunkle Ahnung, dass er es nicht wirklich über ein Ich gesagt hat, sondern über eine Stadt, darüber, dass die Stadt eine Türschwelle ist, durch die die Geschichte durchgeht, doch es spielt keine Rolle, denn der Gedanke zählt und ich fand es eine nette Metapher, zumal Derrida es in einem Interview gesagt hat und nicht in einem seiner zahlreichen Bücher geschrieben).

Zum anderen ist da die Beschreibung der Welt. Vom Ich ausgehend müssen wir die Welt anders beschreiben, als wenn wir auf das Ich verzichten. Han sagt, die koreanische Sprache kenne kein Ich, das Meer erscheint einem, er sehe es nicht. Die Sprache konditioniert das Denken – wir formulieren Gedanken in der Sprache, auch wenn wir diese nicht immer in Worte fassen, so folgen wir stets der genutzten Sprache wenn wir denken. Würden wir die Welt anders erfahren, wenn wir ohne ich diese denken würden? Wahrscheinlich. Lasst es uns machen. Lasst uns ein Experiment starten und die Welt betrachten, ohne “Ich” zu benutzen. Schreibt bitte die Erfahrungen in den Kommentaren.

Und ohne Ich?

Major Mira hat es nicht. Doch sie denkt, sie habe eins. Doch zu diesem Zeitpunkt ist sie längst vom Virus befallen. Wie zeigt es sich? Ganz komisch. Mira sieht Bilder, erinnert sich an Szenen, die sie glaubt nie erlebt zu haben. Es wird komisch. Immer komischer. Doch sie ist Mira. Major Mira von der gefürchteten Sektion 9 des Innenministeriums. Mira kann es nicht einfach auf sich beruhen lassen. Sie geht den Weg, sie geht den Pfad und sucht nach sich selbst. Bis sie es verliert.

In dieser Geschichte bekommt Major Mira ein völlig neues Ich. Aber dazu werde ich später noch kommen. Denn das Ende ist zu spannend als wenn ich es hier nur kurz behandeln würde.

Und ohne ich?

Genau. Denn was ist es? Das Ich? Nicht viel mehr als ein Werbespruch. Ich weiss wer ich bin wird gnadenlos von der Werbeindustrie ausgeschlachtet um es als Konsumenten zu definieren. Als etwas, das sich nach Belieben formen lässt, durch das wir erst Produkte begehren, von denen wir vorher gar nicht wussten, dass es sie gibt. Das ich wird gehackt. Und es wird als das Objekt kultiviert. Als das Objekt, das gehackt werden kann. Deswegen sollten wir es haben, wir sollten es hegen und pflegen. Und zusehen, dass es mehr davon wird, dass es sich auf die ganze Welt ausdehnt. Das ich.

Und je mehr wir davon haben, vom ich, je grösser und weiter es ist, je mehr Welt es für sich beansprucht, unser ich, desto mehr merken wir, wie weniger wir werden, bis das ich bleibt und wir als Mensch ganz verschwinden.

 

Der Text ist Teil eins einer kleinen Serie über Ghost In The Shell, die hier demnächst erscheinen wird.

 

Vampire

Dafür, dass wir am Wochenende keinen Artikel rausgehauen haben, möchte ich mich bei Euch mit einem kleinen Tipp revanchieren. Es geht um die Vampire. Eigentlich geht es um Musik, die dahinter stecket und um die Idee, doch lasst es mich beschreiben.

Blood Bitch von Jenny Hval kam am 30. September 2016 heraus doch ich habe gewartet. Es war irgendwann im November als ich das Album tatsächlich runter geladen habe. Ich war sehr skeptisch: Jenny Hval und Herbst, es konnte keine gute Verbindung werden. Dann habe ich noch einige Zeit damit gewartet und dann habe ich irgend wann im kalten Herbstwind die Musik angemacht. Und rein gehört. Und nichts. Beziehungsweise doch etwas, aber nicht das, was ich erwartet habe. Es war nicht die schön – traurige Jenny Hval, keine Innocent is Kinky sondern etwas völlig anderes.

Die Musik ist zugänglicher. Jemand hat “poppiger” geschrieben, was doch nicht ganz so stimmt, es ist… zugänglicher. Es ist hörbarer. In dem Sinne, dass ich mich dabei ertappte, die Melodien nach einigen Tagen mit zu nippen.

Es wurde dann zu einem kleinen Ritual: Mit Jenny Hval´s Album spazierte ich jeden Tag, ich ging die selbe Route, nicht meditierend, wie ich es hier beschrieben habe sondern ganz einfach so. Könnt Ihr dann das Gefühl? Wenn Ihr Musik intensiv an einem gewissen Ort hört, dann erinnert Euch der Ort an die Musik, dann brennt sie sich da hinein. Dann ist sie präsent und kommt zu einem auch danach. So war es jedenfalls mit mir.

“Wovon handelt das Album, Jenny?” – fragt eine Frauenstimme. “Von Vampiren” – antwortet Jenny. Es ist tatsächlich so, das Album ist von Vampiren bevölkert. Und nicht nur.

Als wir den Namen für den Blog gesucht haben, hatte ich wohl noch Musik in meinen Ohren. Und die Antwort auf die Frage, wovon das Album handele. Jenny Hval ist live zu sehen. Auf Arte.

 

Robotermeditation

Können Roboter meditieren? Nein. Auf keinen Fall. Was würden sie denn machen, würden sie meditieren? Aber sie können Go spielen. Manchmal. Und einige von ihnen gewinnen sogar. Wie AlphaGo letztes und dieses Jahr wieder. Und bei Go, da geht es nicht bloß um das spielen. Es geht auch nicht darum, Steine richtig zu setzen. Es geht um die Leere. Und darum, diese zu füllen. Darum auch, es schön zu machen. Mit einem Elan, der Robotern fremd sein müsste. Und das schaffen sie nicht.

Denn Roboter können ja nur das wiederholen, was ihnen die Menschen beibringen. Oder? Folglich können sie auch nicht selbständig denken. Und was würden sie denn während der Meditation machen? Nichts. Sie wüssten gar nicht, was sie damit anfangen sollen. Denn Roboter (ich meine damit auch Software und nicht ausschliesslich die Form der Hardware von der sie umgeben ist), sie sind nur so gut, wie gut sie programmiert sind. Sie können zwar einfache Befehle ausüben, selbst etwas machen, können sie nicht.

Und das wäre doch die Meditation. Es ist eine Versenkung in sich selbst. Die Beschäftigung mit dem eigenen Atem, und der Versuch, eigene Gedanken vorbei ziehen zu lassen, ohne sich ihnen hinzugeben. Meditation, das wäre nach dem Zen ja, hier und jetzt zu sein. Voll und ganz. Gepackt mit Sensoren. Das Gespürte, ja, zu spüren ohne sich allzu viele Gedanken darüber machen zu müssen. Das können Roboter ja. Sie sind. Hier und Jetzt. Einfach nur da. Ohne viele Gedanken. Sie haben Sensoren und können Daten sammeln. Können sehen, spüren, auch riechen. Sie können hören.

Und was ist Go? Eine Meditation ist es nicht. Aber darum geht es jetzt nicht. Die Frage ist, was hat AlphaGo gewinnen lassen. Und warum überhaupt Go? Go ist nicht nur einfach ein altes Spiel das Zuschauer zum Nachdenken einlädt. Es ist auch sehr komplex. Jeder Zug bietet unzählige Möglichkeiten. Deswegen war es viele schwieriger denn im Schach gegen Menschen zu spielen. Bis jetzt. Bis zu dem Zeitpunkt in dem AlphaGo anfing, durchaus menschliche Züge zu spielen. Nicht die effizientesten, aber so gesetzt, dass Lee Sedol aufstehen musste.

Können Roboter meditieren? Ja. Sie machen ja nichts anderes während sie auf deine nächste Bestellung bei AmazonGo warten. Dort spüren sie, was Du kaufen wirst. Noch bevor Du es weisst.

 

Töne. Und das Blurred Edges Festival

Manchmal macht es “Boom”. Und das ist der Moment in dem Du etwas verstehst. Ich würde nicht so weit gehen und es “Erleuchtung” nennen. Denn es geht vielleicht nur darum, sich etwas ganz elementares vor Augen zu führen.

Vielleicht etwas, wie den Satz, der besagt, dass aus dem Geräusch eines Jets Musik werden kann, ja etwas sehr schönes. Es ist die Frage der Aufnahme des Geräusches. Und die Frage der Achtsamkeit, die Frage danach, wie ich es aufnehme und nicht unbedingt die Frage danach, wie ich es definiere. Auf diese Weise ist kann auch ein Tropfen Musik machen. Die Frage wäre dann, was mehr Pop ist: ein Tropfen, das unhörbar ist oder der Jet, der an mir vorbei fliegt?

Heute beginnt in Hamburg das Blurred Edges Festival, das Festival für aktuelle Musik. Vielleicht kann die Frage dort entschieden werden. Vielleicht wird es “Boom” machen. Oder auch nicht.

Ein Besuch ist es wert.

Hier das Programm:

http://www.vamh.de/index.php?what=blurred_edges&year=2017&sub=concerts

Japan – Filmfest Hamburg

Vor einigen Tagen hat mich jemand gefragt, was ich am japanischen Kino so interessant finde. Ich weiss es nicht. Das war meine Antwort. Ich weiss es nicht, weil ich zu wenige japanische Filme gesehen habe. Ok. Kurosawa, würden alle rufen. Klar. Kurosawa kennen viele, wen nicht fast alle, doch das wäre dann auch alles. Woran ich denke ist noch Tōkyō monogatari, sowie die weiteren beiden der Noriko – Trilogie Ozu´s. Und dazu fällt mir die Ruhe, die Gelassenheit, die der ganze Film ausstrahlt. Es ist mehr eine Meditation, ein Nachdenken über den Film als ein Film selbst. Das ist es, was ich an japanischen Filmen so mag. Nicht, dass sie anders sind, sondern das wie sie anders sind. Und dass sie, ja, gelassen sind. Am Mittwoch startet in Hamburg das 18. Japan – Filmfest.

Was wählen? Wie gesagt, ich habe keine Ahnung. Michihito Fujii ist schon ein interessanter Regisseur, am Mittwoch gleich wird Innocent Blood bei Metropolis gezeigt. Vielleicht einige der Animes und der ein oder anderer Dokumentarfilm. Evtl. das Stück über Fukushima, die vergessene Katastrophe. Kann sein.

Ich glaube aber auch dann werde ich nicht sagen können, was ich am japanischen Kino so mag. Es geht aber auch nicht darum. Es zu mögen reicht vollkommen aus.

 

 

 

SXSW

Dieses Jahr fand wieder das SXSW Festival in Austin, TX statt. Wir waren nicht dabei. Wir werden kommendes Jahr auch nicht dabei sein. 2019 eventuell auch nicht, vieles hängt aber auch davon ab, wie sich die Seite hier entwickelt. Es kann daher durchaus sein, dass wir nie live vom SXSW Festival berichten werden. Statt dessen werden wir in tiefe Meditation fallen und über die kommende oder statt findende Zukunft nachdenken. Wir wissen es nicht.

Von der Zukunft werden wir aber berichten. Wenn wir alle da sein werden. Dann.

 

 

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