Es soll hier keine politische Analyse werden. Noch soll es eine anthropologische Untersuchung werden, auch wenn es interessant erscheinen würde. Es sollen schlicht einige Gedanken werden.
Die Zukunft ist etwas, das wir phänomenologisch nicht erfassen können. Wir wissen schlicht nicht, was hinter dem Erkenntnishorizont, der durch das, was einige von uns als Zeit bezeichnen, beschrieben wird, passiert. Um diese Lücke zu füllen, versuchen wir normalerweise auf unsere Erfahrungen zurück zu greifen. Das ist ein normaler Vorgang, der im unseren Gehirn aber auch in unserem Denken, in unserer Ontologie codiert ist. Wir vergleichen dabei ähnliche Situationen aus der Vergangenheit und versuchen, Schlüssel für die Zukunft zu ziehen. Doch manche Situationen sind ziemlich neu für uns. Oder wir haben keine entsprechenden Erfahrungen um einen Vergleich ziehen zu können.
In beiden Fällen, da wir nach wie vor die Zukunft nicht vorhersagen können, entstehen Annahmen. Zumal in der westlichen Kultur die Auseinandersetzung mit der Zukunft einen sehr großen Raum einnimmt. Das Verweilen im „hier und jetzt“ wird eher in dem Raum der Esoterik geschoben. Wir denken sogar an das Leben nach dem Tod, das, von einem persönlichen Standpunkt keine Zukunft beschreibt.
Bei einigen (oder gar bei ganzen Gesellschaften) kann die Unmöglichkeit, die Zukunft vorhersagen zu können, die Unmöglichkeit, ganz genau planen zu können, eben Angst auslösen. Dies ist auch ganz natürlich. Manche Menschen wollen wissen, was passieren wird. Sie greifen auf ihre Erfahrungen zurück, die sie aber nicht haben und fühlen sich unwohl. Dann suchen sie nach anderen Quellen, die kulturell konditioniert sind. Diese können Angst erzeugen.
Auch lässt es sich sehr einfach, mit Emotionen Menschen regieren. Hierüber hat Gustave LeBon in seinem Aufsatz Psychologie des foules geschrieben. Angst kann daher auch von der Regierung erzeugt werden, um dann die Bevölkerung einfacher… regieren zu können. Sie einfacher kontrollieren zu können. Denn Bevölkerung, die Angst hat, verfällt mitunter in Starre.
Unser Verhältnis zu dem, was wir “Natur” nennen ist äusserst… befremdlich. In seinem Aufsatz The Western Illusion of Human Nature bemerkte Marshall Sahlins, dass der westlich geprägte Kulturkreis die Natur als etwas von ihm abgetrenntes ansieht. Als etwas anderes als der Mensch selbst. Und selbst das, was wir “Natur” nennen, bezeichnet in unserem Verständnis bestenfalls die Kulturlandschaft. Also die kultivierte Natur.
Diesen Zustand verdanken wir zu Einem Plato. Und natürlich Descartes. Beide sahen unsere “Seele” (oder was sie dafür hielten” als strickt abgetrennt von unseren Körpern. Der Gedanke weitete sich aus. Später wurde die Natur als etwas angesehen, das der Mensch “erobern” könne. Nutzbar machen könne. Für sich und seine Ziele.
Der Gedanke, wir können die Natur (oder eben einen Winter) nicht regulieren, nicht “erobern”, wir sind jetzt dem Wetter ausgeliefert, erscheint uns daher als tragisch.
(Ironisch ist an dieser Stelle die Tatsache, dass der Kapitalismus die Natur zerstört hat und dass die Erde wohl bald für den Menschen unbewohnbar sein wird, unabhängig dessen ob manche Wissenschaftler glauben, Windräder würden die Erde trocken machen oder heiße Sommer gab es schon früher. )
Das Zeug ist unsichtbar. Wir bemerken es erst, wenn es kaputt geht, wenn wir es nicht mehr nutzen können. So jedenfalls Martin Heidegger in seiner Zeugtheorie. Der Gedanke Heideggers ist in diesem Zusammenhang ganz aktuell. Die westlichen Gesellschaften haben sich so sehr an die Technologie gewöhnt, daran, günstige Energie zu bekommen, dass dies unsichtbar geworden ist. Ich möchte jetzt nicht darüber diskutieren, ob Gas zum Beispiel im heideggerschen Sinne “Zeug” ist oder nicht. Allerdings denke ich, es wäre das. Mir geht es hier um den Gedanken, den Heidegger hatte. Den Gedanken, dass sich die Menschen an zuhandenes (um bei Heidegger zu bleiben) so sehr gewöhnen, dass sie es erst merken (seine Existenz, sein vorhanden, sein… zuhanden sein), wenn es nicht da ist. Oder wenn etwas die wohlausgedachte Funktionalität stört.
Und da wir die Existenz nicht merken, haben wir keine Antwort darauf, wenn es fehlt.
Jean – Francois Lyotard schrieb in seinem Aufsatz (ich habe leider keinen Titel, der Aufsatz erschien im Netzwerk der Minderheiten), dass der Kapitalismus die Krise brauche, um sich weiter entwickeln zu können. Es werden Spannungen genutzt, die eine Krise hervorbringen kann. Dabei werden auch Forderungen der Arbeiter nach mehr Lohn, mehr Freizeit, etc. mit dem Hinweis auf die kommende Krise.
Auch diese Krise wird vom Kapitalismus genutzt. Hierfür ist die Angst sehr nützlich. Und auch die Tatsache, dass Menschen planen wollen. Und alles dafür geben würden, die Zukunft zu kennen.
Der Winter kommt.