Japan – Filmfest Hamburg

Vor einigen Tagen hat mich jemand gefragt, was ich am japanischen Kino so interessant finde. Ich weiss es nicht. Das war meine Antwort. Ich weiss es nicht, weil ich zu wenige japanische Filme gesehen habe. Ok. Kurosawa, würden alle rufen. Klar. Kurosawa kennen viele, wen nicht fast alle, doch das wäre dann auch alles. Woran ich denke ist noch Tōkyō monogatari, sowie die weiteren beiden der Noriko – Trilogie Ozu´s. Und dazu fällt mir die Ruhe, die Gelassenheit, die der ganze Film ausstrahlt. Es ist mehr eine Meditation, ein Nachdenken über den Film als ein Film selbst. Das ist es, was ich an japanischen Filmen so mag. Nicht, dass sie anders sind, sondern das wie sie anders sind. Und dass sie, ja, gelassen sind. Am Mittwoch startet in Hamburg das 18. Japan – Filmfest.

Was wählen? Wie gesagt, ich habe keine Ahnung. Michihito Fujii ist schon ein interessanter Regisseur, am Mittwoch gleich wird Innocent Blood bei Metropolis gezeigt. Vielleicht einige der Animes und der ein oder anderer Dokumentarfilm. Evtl. das Stück über Fukushima, die vergessene Katastrophe. Kann sein.

Ich glaube aber auch dann werde ich nicht sagen können, was ich am japanischen Kino so mag. Es geht aber auch nicht darum. Es zu mögen reicht vollkommen aus.

 

 

 

Gedanken betrachten

Kann ich meine eigenen Gedanken betrachten? Ja. Sicherlich. Bestimmt kann ich es tun nur wozu ist es gut? Zunächst, weil sie einem ganz anders vorkommen, wenn sie betrachtet werden als wenn sie gedacht werden. Es ist ein wenig so, als wenn ich mein Bein beim Gehen betrachten würde. Mein Bein geht, er geht sogar ohne, dass ich etwas dafür tun muss. Doch wenn ich ihn betrachte, werde ich mir meines Beines bewusst. Kenn Ihr das Gefühl? Ganz krass wird es mit Wunden. Wenn Ihr Euch verletzt aber die Wunde nicht seht, ist es nicht manchmal so, dass diese erst dann anfängt zu schmerzen, wenn Ihr sie seht? Seht Ihr? So ist es mit Euren Gedanken.

Wozu ist es gut, seine Gedanken zu beobachten? Eben deswegen. Um sich der Gedanken bewusst zu werden. Nicht nur der Wunden und der Beine sondern eben auch der Gedanken. Wenn Ihr nämlich versucht zu meditieren, werdet Ihr feststellen, dass Ihr unentwegt denkt. Der Kopf denkt für Euch ohne, dass Ihr selbst denken müsst. Versucht es. Nur für einen Moment. Macht die Augen zu und versucht nicht zu denken. Ihr werdet sehen, es klappt nicht. Und das ist das Problem dabei. Ihr denkt unentwegt. Immer. Wie könnt Ihr es umgehen?

Als ich mit dem Meditieren anfing, da machte ich einen Fehler. Es gibt sehr viele Fehler, die man als Anfänger machen kann, doch wenn man ungeduldig ist oder sehr jung, wie ich damals, dann macht man eben diesen Fehler: Ich versuchte nicht zu denken. In dem Versuch war ich so verbissen, dass ich nicht dazu kam, zu meditieren. Und das war mein Fehler.

Wie könnt Ihr den Fehler umgehen? Eben, in dem Ihr Eure Gedanke beobachtet. Es ist an sich sehr einfach, wenn der meditierende weiss, wie es geht. Nämlich mit dem Atmen. Wenn Ihr Euch beim Meditieren auf Euere Atmung konzentriert, auf jeden einzelnen Atem, wenn Ihr es als Euren Anker in der Meditation betrachtet, wird das mit der Beobachtung der Gedanken schon klappen.

Doch das ist nicht alles. Anders als Beine oder Wunden können Gedanken fies sein. Hinterhältig. Sie tarnen sich. Nicht als Gedanken, als Träume. Davor warnt Meister Katsuaki Sekida, wenn er Zaren Übungen beschreibt. Davor warnen auch andere. Sekida sagt, es gebe zwei Arten von Gedanken. Die einen, es sind Gedanken. Die wir so auch erkennen können. Die wir kennen, weil wir sie haben. Die andere Art der Gedanken sind Tagträume. Und die sind sehr trügerisch. Kann der meditierende doch in einen solchen verfallen.

Keine Sorge. In diesem Fall hilft Euch der Atem. Ihr schaut Euch den Gedanken an, ihr beobachtet, was für ein Gedanke es ist. Und dann, dann kehr Ihr ganz behutsam zu Eurer Atmung zurück. Es ist sehr einfach. Und dann noch mal. Und noch mal.

Und dann. Dann werdet Ihr fest stellen, dass Eure eigenen Gedanken beobachten könnt. Und dass es schön ist.

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Buch: Katsuki Sekida, Zen-Training: Praxis, Methoden, Hintergründe (HERDER spektrum)

Musik: Gorillaz, Humanz

Gedanken: Eigene

Warum ich Zen übe

Warum ich Zen übe? Für nichts. Na ja, die Wahrheit sieht ein wenig anders aus. Und ein wenig komplizierter. Ich wollte ein Mädchen beeindrucken. Nicht mit Zen. Und auch nicht mit Zazen, es interessierte sich gar nicht für Zen und auch für Yoga nicht und ich muss gestehen, dass sich das Mädchen nicht mal annähernd für fernöstliches begeisterte. Doch darum ging es nicht. Es war was anderes.

Damals hatte ich Jack Kerouacs “The Dharma Bums” gelesen und dachte darüber nach, ob Meditation auch eine Tätigkeit sein kann. Ich muss gestehen, dass ich Kerouacs Meditation nicht mochte. Bewegungslos da sitzen und darüber nachdenken, ob einer Buddha werden kann oder nicht, das ist nichts für mich. Es gab noch eine andere Sache. Und die hat es mir angetan: Das Nichts. Das Nichts Tun. Kann ich es als Tun, kann ich es als Aktivität auffassen? Und welche Aktivität wäre es? Was ist so verdammt inaktiv, so leer, dass ich es als Aktivität spüren kann? Das Nichtstun. Zazen.

Was hat aber Zen mit Nichtstun zu tun? Am Anfang nichts. Und es gibt bestimmt eine ganze Zen Meister, die meinen Gedanken nicht zustimmen werden. Denn das Zen ist… Aber es ist bestimmt nicht das Nichtstun. Es ist viel mehr. Und da werden sie sicherlich Recht haben, doch ich bin hier kein Zen Meister und diese Seite, nun, sie spiegelt meine und Dan´s Erfahrungen und soll keine Anleitung beinhalten.

Das Nichtstun also. Und warum das Nichtstun. Es geht darum, den Geist zu entleeren, darum, in hier und jetzt zu sein, es dann unmittelbar, ohne den eigenen Geist, ohne den Filter der Gedanken zu empfinden. Das Nichtstun steht hier aber nicht in Opposition zu anderen Tätigkeiten sondern beschreibt den Zustand, der einem die Erfahrung ermöglicht. Erst wenn alle anderen Tätigkeiten eingestellt sind, erst wenn wir nichts tun, erst dann ist die Erfahrung möglich.

Doch warum tun? Was tun wir wenn wir nichts tun? Nichts. Das ist die einzige Antwort. Doch es geht hier nicht darum, zu tun oder nicht zu tun sondern darum, auf seine eigenen Gedanken herab zu schauen. Wenn ich 1.000 Meter laufe, dann bin ich müde und das Tun gibt mir die Möglichkeit, auf meine bisherigen Gedanken über mein Mädchen mit anderen Augen zu schauen. Vielleicht wird es mir klar, dass ich es nicht liebe und dass ich es verlassen soll. Ähnlich funktioniert es mit dem Nichtstun. Danach habe ich einen anderen Blick auf meine eigenen Gedanken. Ich liebte das Mädchen. Sogar sehr. Und das wurde mir klar auch wenn ich nicht so oft Nichts getan habe. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.

Was ist danach passiert? Nichts. Das Mädchen hat mich verlassen. Weil es wohl in der Liebe nicht um das Tun oder das Nichtstun geht, sondern um viel mehr. Doch ich über weiter. Denn das Nichts hat noch einen anderen Aspekt. Es st wie bei der frischen Luft: Ich möchte immer mehr davon haben.

©M. Kuliniec

 

SXSW

Dieses Jahr fand wieder das SXSW Festival in Austin, TX statt. Wir waren nicht dabei. Wir werden kommendes Jahr auch nicht dabei sein. 2019 eventuell auch nicht, vieles hängt aber auch davon ab, wie sich die Seite hier entwickelt. Es kann daher durchaus sein, dass wir nie live vom SXSW Festival berichten werden. Statt dessen werden wir in tiefe Meditation fallen und über die kommende oder statt findende Zukunft nachdenken. Wir wissen es nicht.

Von der Zukunft werden wir aber berichten. Wenn wir alle da sein werden. Dann.

 

 

Hamburg Listening

Das Hamburg Calling Bild “Krieg” von Max Dogin* und Aga Tar* zum hören. In fünf Variationen.

 

*Link führt zur FB Seite des jeweiligen Künstlers.

 

 

Das Gehen. Vom Laufen. Und Wohnen. Und vom Innehalten.

Seid ihr schon mal gegangen? Ich meine, so richtig. Nicht nur den einen Schritt vor dem andern machen, nicht nur einfach laufen. Gegangen. Seid ihr schon mal gegangen? Ohne ein Ziel, ohne zu wissen, wo ihr hin geht. Oder warum. Habt Ihr das schon gemacht? Ich fange gerade damit an. Und es ist eine verdammt schmerzhafte Erfahrung.

Die meisten Menschen laufen einfach im Kreis: Sie verlassen das Haus um Kartoffel zu kaufen oder Äpfel, um den Müll rauszubringen oder gehen mit dem Hund. Und wenn sie spazieren gehen, so wissen sie meistens, dass sie zurück kommen. Es gibt selten Menschen, die den Müll wegbringen ohne darüber nachzudenken, wo sie in ein Paar Tagen ihre Zelte aufschlagen. Als Jack Kerouac in Kalifornien in die Berge ging, wusste er, wo er zurück gehen wollte. Auch Abraham wusste laut Byung-Chul Han, wo er hin geht.

Die meisten Menschen wissen auch wo sie hin ziehen werden, wenn sie von ihrem Zuhause weg gehen. Das Ziel ist bereits vorgegeben und die neue Wohnung meistens schon gestrichen. Und darum geht es. Um das Haus. Auch wenn ich es mit mir trage, wenn ich ein Nomade in der Mongolei bin, so habe ich das Haus stets um mich. Die Tarahumaras in Mexiko folgen bei ihren Wanderungen festen Routen. Sie wissen bereits beim los gehen, wo und wann sie ihre Zelte losschlagen werden. Mir geht es um was anderes. Um das Gehen.

Wenn das Gehen an sich zu einer Tätigkeit wird, ja, zum Ziel, zum Haus, dann, erst dann könnt ihr vom Gehen sprechen.

Das Gehen findet manchmal im übertragenen Sinne statt. Wenn ich mein bisheriges Leben verlasse um mit einem anderen Menschen zusammen zu sein, wenn ich alles bisher gewohnte, wenn ich es zurück lasse und mich ins Unbekannte begebe. Dann gehe ich. Naiv? Der Weg in die andere Richtung ist ja ähnlich. Wenn ich jemanden verlasse, wenn ich von jemanden weg gehe und nicht weiß, was mich erwartet. Ich verlasse diese Person, ich hinterlasse sie, ich weiss nicht, was passieren wird, ich weiss nicht, wie sich die Zukunft gestalten wird und ob es eine Zukunft, eine Idee der Zukunft geben wird. Denn es geht um das Jetzt. Darum, immer im Jetzt zu sein. Hier. Die Zukunft ist ein Ziel und wir wollen keins erreichen.

Irgendjemand hat mir mal gesagt, mit Motorradfahren würde es ähnlich. Ich denke nicht. Abgesehen von der Idee, dass Motorräder (auch die elektrischen) immerzu Kraftstoff benötigen, der Reisende muss sich also an zumindest mehr oder minder vorgegebene Strecken halten, so ist die Idee eines Sonntagsausflugs zwar sehr nett, reicht aber an unsere Idee des Gehens nicht im geringsten an. Das Gehen, das worum es hier geht, es findet immer statt. Ohne Motorräder. Ohne Sonntagsfahrer. Unbedingt und radikal. Und auf Umwegen, auf Strassen, die nirgends gezeichnet sind, auf Feldern und quer in der Landschaft, auf steinigen Wegen, barfuß. Jeden Tag und jede Sekunde.

Seid ihr schon mal gegangen? So richtig? Ohne umzudrehen? Ohne umdrehen zu wollen? Auch wenn ihr wisst, ihr habt einen Schatz zurück gelassen? Ohne darüber nachzudenken, ob auf eurem Weg Schätze liegen sollen? Seid ihr schon mal gegangen?

 

©M. Kuliniec

Wo ist Pikachū?

Eine Kurze Geschichte über Spaziergänge, Zahlen und die Leere.

Ich weiß nicht mehr genau, wie es damals angefangen hat. Ich denke, ich wollte einfach nur die Wohnung verlassen, einfach raus, weg und nicht mehr nachdenken. Und dann gehen. Fünf Kilometer. Im Kreis. Das hört sich zunächst nach sehr viel an, aber wenn Du vergessen willst, glaub mir, dann ist es die ideale Lösung. Beim Laufen konzentrierst Du Dich einfach auf Deine Schritte, auf jeden einzelnen von ihnen, darauf, wie Dein Fuss den Boden berührt. Dann fängst Du auch ganz allmählich an zu fühlen, wie Dein Körper ganz ruhig wird, Du bemerkst Deinen Atem und auch etwas anderes, etwas ganz neues, Du spürst Leere in Dir. Ab diesem Moment willst Du gar nicht mehr aufhören zu laufen, denn die Leere zieht Dich in sich hinein, es ist eine andere als die in Deiner Wohnung.

Und glaube mir, bald, sehr bald werden Dir auch Wind und Wetter nichts mehr ausmachen und Du wirst die magische Grenze von 10.000 Schritten knacken, Du wirst auf sie pfeifen. Denn es geht hier nicht um die Zahlen. Es geht um die Leere und darum, was sie mit einem anstellen kann. Und mit der Zeit ging es um etwas ganz anderes noch.

Es muss beim zweiten oder dritten Mal gewesen sein, als ich während meiner heiligen Laufstunde eine Nachricht erhielt. Von IHR. Dann noch eine. Und noch eine andere und ach, ich habe auch geantwortet. Es ist nicht so, dass ich SIE nie gesehen hätte. Drei Mal. Aber das reichte um… Verdammt, hier geht es doch nicht um Zahlen sondern um die Tiefe und darum, etwas zu machen weil es schön ist und weil es auf einen eine Sogwirkung entfaltet. In China bedeutet Leere einfach den Raum in dem sich alles abspielt, weil es eben Raum hat sich abzuspielen, der es ermöglicht, dass überhaupt sich etwas abspielt. Bald kam die vierte Nachricht, fünfte und dann auch natürlich “Ich liebe dich” und “Ich Dich auch” und dann kamen die Nachrichten immer wieder und ich musste immer anhalten um sie zu beantworten und wir redeten praktisch die ganze Zeit miteinander.

Mit der Zeit verschoben sich die Sonnenuntergänge so dass ich in der Dämmerung raus ging und in der Dunkelheit der Vorstadt meine fünf Kilometer absolvierte. Die Vorstadt grenzt ans Land. Das Land wird nicht beleuchtet. Die Leere breitete sich aus.

Die Leere ist eine ideale Projektionsfläche für Träume. Ich wusste, dass ich sie liebte und dass wir eines Tages zusammen kommen. Auch wenn uns tausende Kilometer trennten. Denn was sind schon Zahlen. Es ging doch um die Tiefe, oder? Sie schrieb mir, dass ihre Mutter Krebs habe und es nicht schaffen wird und dass sie jeden Abend bei der Mutter sein müsse um sie zu betreuen und sich auf meine Nachrichten freue und ich überlegte jeden Tag, was ich denn schreiben dürfe und was nicht und besonders abends war ich beim Schreiben sehr vorsichtig. Ich war für sie da und eines Tages beschrieb sie mir, wie sie ihre Pizza am liebsten mag und daran werde ich mich immer erinnern.

Eines Tages, Ihre Mutter war da schon seit einigen Tagen tot, beschloss ich den Flieger nehmen und sie einfach zu besuchen. Denn was ist es schon. 10.000 Schritte am Tag im Vergleich zu der großen Liebe. Der größten, die Du hast. Zunächst kam nichts. Dann eine kurze Antwort, sie habe keine Zeit. Aber dann hatte sie schlechtes Gewissen und dann versuchte ich sie zu trösten.

Manche sagen, es sei der Rhythmus, der das Laufen so gut für die Meditation macht, die anderen meinen, der Rhythmus stelle sich ja nicht von alleine ein, daher sei Laufen schwieriger für die Meditation als Sitzen und dazu noch müsse der Läufer ja auf seine Atmung achten, denn ohne die Atmung keine Meditation. Ich denke aber, beim Laufen geht es um nichts. Es geht einfach darum, einen Schritt nach dem anderen zu machen.

Mit jeder Nachricht wurde meine Liebe zu IHR stärker. Sie mochte die selbe Musik wie ich, die selben Bücher, Filme. Ab und an schickte sie mir auch einen Track. Einfach so, weil sie mich mochte.

Dann hörten die Nachrichten auf. Einfach so. Komplett.

Die Leere bildet eine Projektionsfläche für Träume. Und Träume sind doch besser als die Wirklichkeit, oder?

Die einzige Frage, die sich jetzt stellt ist, was hat diese Geschichte mit Pikachū zu tun? Manchmal, als ich durch die Felder ging, dachte ich etwas gelbes, etwas kleines in der Dunkelheit gesehen zu haben. Ich bin sicher, es war Pikachū. Aber vielleicht habe ich nur geträumt.

©M.Kuliniec

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